DAS SPANISCHE PFERD
Das Pferd hat im spanischen Leben immer eine wichtige Rolle gespielt: der Kult um Pferd und Stier, jeweils die imposantesten Exemplare der Welt in ihrer Gattung, ist direkt verwoben mit Tradition, Temperament und nationalem Charakter. Spanischer Stolz und Leidenschaft spiegeln sich im Stier und eben diesem Pferd wider. Eine Kreatur aus Wind und Feuer, die noch immer so majestätisch aussieht wie auf den Gemälden von Velazquez.
Er ist ein Pferd von großem Adel, außergewöhnlicher Schönheit und ausgestattet mit einem solch atemberaubenden Talent, dass die gesamte kultivierte Welt des Mittelalters dieses Pferd besitzen wollte.
Wer sich dieser hinreißenden Kreatur nähert, wird-mehr als bei irgendeiner anderen Pferderasse-unweigerlich mit Geschichte und Tradition konfrontiert.die Schönheit, den Charme, die Arroganz und Herzlichkeit, die Härte und Sanftheit, das Temperament, die Streitlust und gleichzeitige großherzige Nachgiebigkeit.
Ein Land, das ein Pferd von derartiger Schönheit und Anmut, solchen Stolz und solcher Sanftmut hervorbringt, muss mehr zu bieten haben als guter Wein und Flamencotänzer. In seiner stolzen Pferderasse stellt sich das Land in all seinen Facetten dar.
Das Pferd Reiner Spanischer Rasse besitzt einen Zauber, dem sich kaum jemand entziehen kann. Mann muss nicht einmal ein besonderer Pferdeliebhaber sein, um von seiner spektakulären Erscheinung, seiner Anmut und den majestätischen Bewegungen hingerissen zu sein. Seit tausenden von Jahren unterscheidet sich das Spanische Pferd von anderen rassen in Schönheit, Eleganz und Charakter. Es gibt kein anderes das besser gebaut ist von der Spitze seiner Ohren bis hin zum Huf. Es ist das schönste das man finden kann.
Das Spanische Pferd ist noch immer ein Prachtpferd, ein Angeberpferd, auf dessen Rücken sein Reiter leicht von der eigenen Unzulänglichkeit ablenken kann: ein Bild von einem Pferd.
Wenn man Spanische Pferde in Bewegung erlebt, die gebogenen Hälse, die wehenden Mähnen, die sehr hohen, raumgreifenden Bewegungen der erhabenen Galoppade, begreift sofort, dass die Vollkommenheit der Darstellungen direkt aus dem Leben gegriffen wurde-mehr noch, dass das Andalusische Pferd in Fleisch und Blut bei weitem noch edler, schöner und der Eindruck, den es hinterlässt, unsterblicher ist als auf allen Gemälden.
Das Spanische Pferd kann-beinahe-alles. Es ist ein unerschütterliches Jagdpferd und ein Zirkuspferd, wie man es schöner und arbeitswilliger kaum finden kann.
Sein Temperament ist feurig, sein Blick dabei so sanft, als könne ihn rein gar nichts erschüttern, und so soll das möglichst auch sein, denn für die Arbeit mit Rindern und Stieren sind hervorragendes Reaktionsvermögen und großer Mut praktisch Grundvoraussetzung. Das spanische Pferd soll niemals nervös sein, auch wenn viele Menschen gern Temperament mit Nervosität und Hysterie verwechseln. Dabei kann sich ein Pferd, das jahrhundertelang als KAVALLERIE- UND Königspferd gezüchtet wurde, um Auge in Auge dem Feind in Gestalt berittener Soldaten oder tobenden Stieren zu begegnen und nicht zuletzt das wichtigste Staatsgut-der König-auf seinem Rücken durch jubelnde Mengen zu tragen, schlechte Nerven schlicht nicht leisten.
Die größte Stärke des Spanischen Pferdes liegt unbestritten in der Dressur: sein Körperbau und sein hervorragendes Gleichgewicht, seine natürlich hohe Aufrichtung und Versammlungsfähigkeit sowie die erhabenen Bewegungen prädestinieren es vor allem für die Lektionen der Hohen Schule. Es mögen ihm die Merkmale fehlen, die im internationalen Turniersport so ungeheuren Wert genießen: flacher, weiter Raumgriff in den Trabverstärkungen oder himmelstrebendes springtalent-für diese Aufgaben wurde es nie gezüchtet. Die unübertreffliche Qualität des P.R.E. liegt dafür in seiner außerordentlichen Rittigkeit und der angeborenen Fähigkeit für hohe Dressurlektionen. Wer je einen hoch ausgebildeten Andalusier unter einem ebenso gut ausgebildeten Reiter piaffieren sah, dem kommen die Piaffen renommierter internationaler Dressurstars häufig wie mühseliges, flaches Gestrampel vor; wer je die schwungvolle, schwebende Passage eines Spanischen Pferdes erleben konnte, der muss sich bei vielen dargebotenen, müden Passagen auf den großen Turnieren fragen,welche Schwebephase hier eigentlich zu bewerten sei.
Das P.R.E besitzt eine hohe Intelligenz sowie eine überdurchschnittliche Lern-beziehungsweise Auffassungsfähigkeit und -Bereitschaft. Das P.R.E. ist kein Pferd, das in seiner Box oder im Gelände in Schönheit versauern möchte: es will arbeiten, will seine Kraft und Intelligenz gebrauchen.
ANDALUSIER UND P.R.E:
fälschlicherweise wird der Pura Raza Espanol (Perd der reiner spanischer Rasse) auch oft als "ANDALUSIER" bezeichnet, aber vorsicht: ein Andalusier ist einfach nur ein in Andalusien gezüchtetes Pferd, welches mit anderen Rassen gekreuzt sein kann. auch ein "hispano araber" (kreuzung mit PRE und Araber) gilt als ANDALUSIER!
die Zuchtlinie des heutigen PRE sind die einzigste, die bis ins 15. jahrhundert, dank der Kartäusermönche, zurück zu führen ist.
Die Reitweisen, für die das Spanische Pferd genutzt wurde und noch immer genutzt wird, sahen weniger Schnelligkeit vor als etwa die Fähigkeit, abrupt stehen bleiben und diagonal ausweichen zu können. Also selektierten die Züchter jahrhundertelang Pferde mit kurzem Rücken und starker Hinterhand, die sich leicht versammeln, durchparieren und wenden ließen, Pferde, die mit Leichtigkeit unter ihren Schwerpunkt treten und diesen verschieben konnten.
Die Lektionen der modernen DOMA VAQUERA erfordern kraftvolle, leichte und wendige Pferde. Heutzutage werden nur noch wenige Pferde Reiner Spanischer Rasse in der DOMA VAQUERA verwendet. Wer nach den Gründen fragt weshalb das durchaus kämpferische und harte P.R.E. noch immer kaum verwendet wird, ist wohl schlicht und ergreifend sein Preis.
Das Pferd reiner Spanischer Rasse hat seinen Preis. Das war schon immer so und wird sich so schnell wohl auch nicht ändern. Der Züchter Jaime Bujol (gestüt Yeguada Dehesa La Granja) begründet das folgendermaßen: „Spanische Pferde sind teuer, weil wir mit jedem Hengst die ganze rasse verkaufen. Und wir verkaufen einen Charakter, den kein anderes Pferd auf der ganzen Welt besitzt. Guter Charakter ist teuer.
Bei einem jungen Spanischen Pferd von guter Qualität fängt man mit Preisen von etwa 15'000 Euro an, und dann beherrscht dieses Pferd kaum die Grundgangarten. Auch spielt es eine Rolle ob er ein „Andalusier“ oder ein P.R.E. ist. Papiere sagen eine ganze Menge über die Abstammung aus, das heisst über die Familiengeschichte, über gewisse Charaktereigenschaften, Zuchtziele des Züchters, also die Qualität der Pferdes. Im übrigen ist vor allem nur das Pferd ein Pura Raza Espanola, das dies anhand seiner Papiere auch beweisen kann. Alles andere wird heutzutage als Andalusier gehandelt, nicht als P.R.E.
Natürlich ist der Spanische Hengst das Urbild des P.R.E. nicht jeder Pferdefreund ist einem Hengst gewachsen. Die Sanftmut Spanischer Hengste ist zwar legendär, und sie sind sicher freundlicher, umgänglicher und leichter zu halten als viele Hengste anderer rassen. Das liegt unter anderem daran, dass spanische Pferde über Jahrhunderte systematisch auch nach Charaktereigenschaften selektiert wurden-anders als etwas Sportleistungspferde, deren Charakterfestigkeit in der Zucht nur eine sehr unterordnete Rolle spielt: hier ist die Hauptsache, das Pferd kann vorwärts gehen und springen. Die Umgänglichkeit Spanischer Hengste hat aber auch noch einen anderen grund.sie erleben eine ausgesprochen strenge Kinderstube in Spanien. Pferde in Spanien sind Arbeitstiere oder Repräsentationsmittel, jedenfalls kein Spielzeug, Schmusetier oder Freizeitspaß. In Spanien wird mit den Pferden nicht geturtelt. Sie bekommen auch nicht pfundweise Pferdebonbons zugesteckt. Wer in Spanien den Pferden näher kommt, wird bemerken, dass die meisten sich nicht gern am Kopf anfassen lassen, weil sie es nicht gewohnt sind. Der Umgang mit den Pferden in Spanien ist streng, aber respektvoll, und das hat einen Grund: diese Pferde sind anders.
Als ausdruckstarkes Sport-oder Showpferd, das eines nicht unbeträchtlichen Beschäftigungs- und Arbeitsaufwandes bedarf, ist das Spanische Pferd nicht zu schlagen: Imponiergehabe, Quintessenz der Ausstrahlung, liegt ja in seinem wesen. Das Leben mit einem notorischen Angeber ist allerdings nicht jedermanns Sache. Erziehung und Umgang mit einem solchen Pferd fordert seinen Besitzer in vollem Umfang. Er beobachtet seinen Menschen sehr kritisch und aufmerksam und betrachtet ihn als sozialen Partner. Er wird aber immer wieder und sein Leben lang versuchen, die Position des Leittiers erlangen.
Der Mensch muss ihm deshalb stets als konsequentes, zuverlässiges Leittier erscheinen. Begegnen wir ihm mit Nachlässigkeit oder Angst, wird er das ausnützen, um sich durchzusetzen. Er ist ungeheuer von sich selbst überzeugt und betrachtet es als seine Aufgabe, anderen Pferden permanent zu imponieren. Unter dem Sattel bedeutet das dass er sich leicht ablenken lässt. Alle befehle müssen durchgesetzt werden, sonst hat man verloren. Das bedeutet auch dass man als Halter und Reiter gewisses dominantes Auftreten und ein großes Durchsetzungsvermögen haben muss. Manche Menschen besitzen diese Fähigkeit von Natur aus, für andere jedoch ist das permanente Beharren auf Autorität ein gewaltiger Kraftakt. Nicht jeder Reiter möchte seinem Pferd immer wieder Paroli bieten, und das allein ist schon ein Grund, sich die Sache mit dem Spanischen Pferd gut zu überlegen.